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Mission und Bildung Y

Der Forschungsbereich „Mission und Bildung“ fokussiert sich auf die Präsenz der Kirche im Bildungsbereich und wie man diese Präsenz verstehen und begründen kann.

  • Wissenschaftliche Mitarbeiterin – Mission und Bildung
cerda-planas@iwm.sankt-georgen.de
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Während des größten Teils der Geschichte der weltweiten christlichen Mission waren Ort und Rolle der Bildung Ausdruck des missionarischen Auftrags der Kirche, das Evangelium in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verkünden. Das Ziel der Missionare war die Evangelisierung, wobei Schulen zunehmend sowohl als bevorzugtes Medium als auch als bevorzugte Strategie zur Erreichung dieses Ziels anerkannt wurden.
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Da sich der Kontext und auch das Paradigma der Mission selbst verändert haben, insbesondere im 21. Jahrhundert, wurde die Beziehung zwischen christlicher Mission und Bildung in Frage gestellt und bedarf weiterer Reflexion. Angesichts der globalisierten Welt und zunehmend säkularisierter und pluralisierter Gesellschaften, aber auch im Kontext der theologischen und pastoralen Erneuerung der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert, kann Mission nicht nur zum Zwecke der „Verbreitung des Glaubens“ auf werbende Weise stattfinden. Vielmehr muss sie sich darauf konzentrieren, zur Entwicklung des Menschen als Ganzem beizutragen, einer Entwicklung, die sicherlich auch dessen Glauben einschließt:

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    „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Johannes 10,1).

Aus dieser Perspektive heraus ist die Kirche berufen, zur Entwicklung des menschlichen Lebens, für das Bildung eine entscheidende Rolle spielt, in all seinen Dimensionen beizutragen. Folglich hat die Präsenz der katholischen Kirche im Bildungssystem von der Wiege an zur Weltzivilisation beigetragen und bleibt heute eine der größten nicht-staatlichen Bildungseinrichtungen der Welt, die Bildung als grundlegendes Menschenrecht anerkennt. Alle Menschen, gleich welcher Herkunft, welchen Standes und Alters, haben kraft ihrer menschlichen Würde das unveräußerliche Recht auf eine Erziehung (5), die ihrem Lebensziel (6), ihrer Veranlagung und dem Unterschied der Geschlechter Rechnung trägt, der heimischen kulturellen Überlieferung angepasst und zugleich der brüderlichen Partnerschaft mit anderen Völkern geöffnet ist, um der wahren Einheit und dem Frieden auf Erden zu dienen. Die wahre Erziehung erstrebt die Bildung der menschlichen Person in Hinordnung auf ihr letztes Ziel, zugleich aber auch auf das Wohl der Gemeinschaften, deren Glied der Mensch ist und an deren Aufgaben er als Erwachsener einmal Anteil erhalten soll (GE, 1).
Das katholische Bildungswesen hat u. a. die Aufgabe, die Mittel und Wege zur Verwirklichung dieser Ziele inmitten der unterschiedlichen Vorstellungen von Menschsein, dem letztendlichen Ziel der menschlichen Existenz und dem, was das Wohl der Gesellschaften ausmacht, zu erarbeiten. In Kontinuität mit ihrer Tradition versteht die Kirche den Menschen als „religiöses Wesen“, nämlich dass der Mensch zur Transzendenz konstitutiv offen ist und ausdrücklich oder nicht die Begegnung mit ihr sucht. Daher hat jeder Mensch das Recht auf Entfaltung seiner religiösen Dimension, die gleiche Freiheit der Religionsausübung (auch öffentlich) und das Recht auf Religionsunterricht. Ebenso sollten Gesellschaften und Staaten sie nicht nur respektieren, sondern auch die „sozialen Bedingungen“ sicherstellen, um die geistige und materielle Erfüllung ihrer Bewohner zu gewährleisten, wobei Bildung einer der wichtigsten ist. Dennoch ist es nicht so einfach, sich über die Notwendigkeit und den Wert von Religionsunterricht an (insbesondere öffentlichen) Schulen zu verständigen und darüber hinaus über die konkreten Ziele und Inhalte, die ein solches Fach haben sollte. Aufgrund der Pluralität der Weltanschauungen, die heutzutage in unseren modernen Gesellschaften vorhanden sind, und deren Wertigkeit, gibt es immer wieder Fragen und Diskussionen zu diesem Thema.
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Neuere Forschungen zeigen, dass beispielsweise in Europa drei Hauptmodelle für den Religionsunterricht erkennbar sind: kein Religionsunterricht an den Schulen (grundsätzlich vertreten durch Frankreich, das kein spezifisches Fach für Religionsunterricht hat; stattdessen wird das Studium religiöser Angelegenheiten mit anderen Schulfächern eingeführt); der konfessionelle Religionsunterricht, teils von Religionsgemeinschaften organisiert und kontrolliert, teils nach kooperativem Modell zwischen Staat und Religionsgemeinschaften; und schließlich der nichtkonfessionelle Religionsunterricht, der durch die Etablierung säkularer und multidisziplinärer Zugänge zum religiösen Glauben staatlich organisiert und kontrolliert wird, was in pluralistischen und säkularen Gesellschaften, wie in Europa, eine pädagogische und staatsbürgerliche Notwendigkeit zu sein scheint (Jackson, 2007; Ziebertz, 2008; Valk, 2009; Rothgangel, Jäggle & Schlag, 2016). Eine der wichtigsten Schlussfolgerungen der bereits in Europa durchgeführten vergleichenden Forschung ist, dass sich die Länder aufgrund ihrer kulturellen Unterschiede, aber insbesondere aufgrund ihrer unterschiedlichen Geschichte im Verhältnis von Staat/Schule und Kirche und daher in ihrem Verständnis und ihrer Entwicklung des Religionsunterrichts, unterscheiden.
In Lateinamerika hingegen ist das Thema selbst noch unterentwickelt und es gibt bisher keine international vergleichende Forschung. Rodrigo Martínez (Argentinien) und Patricia Imbarack und Cristóbal Madero (Chile) haben vor kurzem damit begonnen, den Bereich des Religionsunterrichts in öffentlichen (Martínez, 2021) bzw. katholischen Schulen (Imbarack & Madero, 2019) zu kartieren. In seiner Studie hat Martínez schon zusammengefasst, welche Länder keinen Religionsunterricht in staatlichen Schulen anbieten (Argentinien, Ecuador, El Salvador, Honduras, Mexico, Nicaragua, Paraguay, Puerto Rico, Uruguay, Venzuela) und welche Modelle in den anderen gibt. Es bedarf jedoch eines tieferen und komplexeren Verständnisses der unterschiedlichen Modelle der Religionspädagogik, die stark mit den unterschiedlichen soziokulturellen, religiösen, rechtlichen und pädagogischen Kontexten verbunden sind. Außerdem fehlt auch noch, eine erneute Reflexion über den Wert und Rolle des Religionsunterrichtes in den Schulen Lateinamerikas durchzuführen. Um dazu beizutragen, diese Lücke (zumindest teilweise) zu schließen, wird vom IWM ein neues Forschungsprojekt zum Religionsunterricht in (einigen) lateinamerikanischen Ländern entwickelt. Die Forschung wird sich auf die folgenden Aspekte in den gewählten Ländern konzentrieren: a) Sozio-religiöser Hintergrund des Landes; b) Rechtliche Rahmenbedingungen für den Religionsunterricht und das Verhältnis zwischen Religionsgemeinschaften und Staat; c) Entwicklung in der Bildungspolitik des Landes; d) Konzepte und Aufgaben des Religionsunterrichts.
Literatur
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    Imbarack, P., & Madero, C. (2019). Educación católica en Latinoamérica: Un proyecto en marcha.

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    Jackson, R. (Ed.). (2007). Religion and Education in Europe: Developments, Contexts and Debates. Waxmann.

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    Martínez, R. (2021). La educación religiosa escolar (ERE) en América Latina. PPC.

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    Rothgangel, M., Jäggle, M., & Schlag, T. (Eds.). (2016). Religious Education at Schools in Europe: Vol. Part 1: Central Europe. VR unipress, Vienna Univ. Press.

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    Valk, P. (Ed.). (2009). Teenagers’ Perspectives on the Role of Religion in Their Lives, Schools and Societies: A European Quantitative Study. Waxmann.

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    Ziebertz, H.-G. (2008). Religious Education in a Plural Western Society. Problems and Challenges (2. ed.). Lit.

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    II Vatikanisches Konzil (1965). Gravissimum educationis. Erklärung über die christliche Erziehung. https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651028_gravissimum-educationis_sp.html